Verlust eines Kindes

Ich möchte ihnen eine Textpassage aus
„In den Tod Geboren“   vorstellen
Von Fritz Helmut Hemmerich ISBN 3-9806555-0-4


............. Warum kommt es zu einem vorzeitigen Sterben des Kindes
Diese Frage ist die am meisten und am ehesten gestellte. Wenn man sie aber einmal genauer betrachtet, dann steckt darin ein ganz unbegründetes Urteil; dass das Kind vorzeitig gestorben sei. Wir müssen uns fragen; für wen ist das Kind vorzeitig verstorben? Wenn wir hier ehrlich bleiben und uns nicht auf die Statistik als Mass zurückziehen, dann können wir antworten; doch allein und ausschliesslich für unsere Erwartung, für die Vorstellung, die wir selbst uns gemacht haben.
Wir wissen eigentlich und vergessen es dann doch, dass es eine bestimmte Lebenszeit für den Menschen nicht gibt. Eine durchschnittliche Lebenserwartung kann man ja dessen ungeachtet berechnen. Aber zu sagen, dass länger zu leben als die durchschnittliche Lebenserwartung ein zu spätes Sterben bedeuten würde, das trauten sich nicht einmal die Rentenversicherer auszusprechen. Aber kürzer zu leben halten wir erst einmal stets für tragisch. Und je kürzer das Leben dauerte, um so sinnloser erscheint es uns. Und das Dasein gar nicht betreten zu haben, das scheint unser Sinnempfinden regelrecht zu zerreissen.
Für wenige Menschen unserer Zeit wird es noch tragfähig sein, die Frage nach dem Warum so zu beantworten, wie es für die vergangenen Jahrhundert ausreichend war: weil es Gott so wollte. Auch tief religiöse Menschen leben hier meist im Zweifel mit einer solchen Antwort und ringen darum, daran glauben zu wollen.
Die häufigsten Antworten der Medizin sind gleichwohl doch nur Scheinantworten: wegen einer Nabelschnurumschlingung, wegen einer Gelbkörperschwäche, wegen einer ungenügenden Durchblutung des Mutterkuchens. Denn dann ist doch die nächste Frage berechtigt, warum es zu Nabelschnurumschlingung, Gelbkörperschwäche und Durchblutungsstörung gekommen ist. Diese zweite Frage des eigentlichen Warums hat eine zutiefste Verunsicherung für den professionellen Helfer. Geübt darin, ihre eigene Überzeugung nicht an die Patienten heran zu tragen, fühlen sie sich mit leeren Händen allein gelassen und fliehen nicht selten.........

 
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